Wer hätte gedacht, dass sich in Hürth in Nähe der Güter- und Gewerbegebiete so ein Gartentraum verbirgt? Auf einem Gesamtgebiet von 5.500 m2 erstreckt sich in Hürth-Efferen ein besonderes Gartenprojekt. Wir wurden von Micha, einem der Pächter, in den Garten eingeladen. Zusammen mit seinem Mitstreiter Marvin gärtnert er dort seit mittlerweile 12 Jahren. Zusammen haben sie ein kleines Paradies geschaffen. Bei einer Besichtigung konnten wir ihren Garten und ihre Arbeit bestaunen. Verstreut zwischen Brombeerhecken liegen Gemüse- und Kräuterbeete, ein kleiner Unterstand, Folientunnel für Tomaten, Bohnenranken, und vieles mehr.
Selbstversorgungsquote von 90 Prozent
Die Teilnehmenden unserer Exkursion fragten sofort nach dem Wasseranschluss, um den üppig gedeihenden Garten zu bewässern. Aber einen Wasseranschluss gibt es nicht! Alles Wasser wird von den Pächter:innen über Planen und Dächer aufgefangen und in verschiedenen Behälter gesammelt. Bis auf die extrem heißen Sommer der letzten Jahre, reicht dieses Wasser aus. Das ist ein super sinnvoller Umgang mit Wasser, der zeigt, dass Regenwasser zum Bewässern im Allgemeinen ausreicht – insbesondere in grünen Umgebungen. Denn viele Pflanzen können Wasser – auch im Boden – besser halten, entwickeln längere Wurzeln und müssen seltener und weniger gegossen werden.
So verändert sich der Garten jede Saison und wächst organisch: in kleinen Projekten entstehen neue Sitzecken und Beete. Auch die angepflanzten Sorten und deren Menge ändern sich stetig. Gab es im letzten Jahr zu viele Kartoffeln, werden im nächsten weniger gepflanzt. Insgesamt, sagten Marvin und Micha, kommen die beiden auf eine Selbstversorgungsquote mit Obst und Gemüse von 80-90%. Durch saisonale Ernährung und eingemachtes Gemüse müssen sie höchstens im Winter Gemüse aus dem Handel zukaufen.
Gemeinschaft im Garten
Bei einem Rundgang konnten wir auch einen Blick in die anderen Gärten werfen. Die Gesamtfläche ist in 13 Parzellen unterteilt, auf der insgesamt 20-30 Menschen gärtnern. Gemeinschaftlich genutzte Flächen laden zum Zusammenkommen und gemeinsamen Kochen ein. Das Engagement für Gemeinschaftsaktionen und auch die verbrachte Zeit im Garten ist dabei unterschiedlich. Je nach Motivation und verfügbarer Zeit der einzelnen Pächter:innen sind die Gärten eher Flächen zum Entspannen und Natur genießen nach Feierabend oder äußerst ertragreiche Beete. So produzieren einige eine riesige Menge an Gemüse für den Eigenbedarf. Was dann doch zu viel ist, wird gerne an Freund:innen, Kolleg:innen und Nachbar:innen verschenkt. Dabei reicht das Repertoire mancher weit über klassische Gemüsesorten hinaus. Wir konnten Bittergurke probieren und über eine riesige asiatische Zucchini staunen.
Grüne Oase nicht sicher!
Die Fläche weist noch ein paar weitere Kuriositäten auf. Sie liegt zwar im Gemeindebereich der Stadt Hürth gehört aber der Stadt Köln und wird von ihr verpachtet. Und unter der Erde befinden sich noch die Reste einer alten Ziegelei. Offiziell ist das Grundstück als Grabeland ausgewiesen, was bedeutet, dass keine mehrjährigen Pflanzen oder feste Bebauung gestattet sind – aber schon als Micha und Marvin den Garten seinerzeit entdeckten, hatten sich verschiedene Bäume – z.B. Walnüsse – selber ausgesät. Verbunden mit der rechtlichen Situation ist auch der jährliche Pachtvertrag. Den Gärtner:innen bietet er so wenig Perspektive und Sicherheit. Ganz von der Hand zu weisen sind Sorgen, dass die Gärten zukünftig Bebauungswünschen weichen müssen, nicht: Der Bebauungsplan der Stadt Hürth sieht immerhin vor bislang bestehende Gebäudelücken an der Straße zu schließen. Das würde den Garten noch nicht existenziell bedrohen, aber bereitet den Gärtner:innen Sorgen, dass auch ihr grünes Paradies überbaut werden kann. Vielmehr wünschen Sie sich einen langfristigen Pachtvertrag von 20-50 Jahren, um besser abgesichert zu sein.
Aus unserer Sicht zeigt der Gartentraum in Efferen wie die Versorgung mit Gemüse und Obst in der Stadt auf ehemaligen Brachflächen gut funktionieren kann. Außerdem erhöht diese Grünfläche die Widerstandsfähigkeit des ganzen umliegenden Bereichs gegenüber Hitze, Dürre und Starkregen. Es ist ein zukunftsgewandtes Beispiel für zukünftige Gestaltung in unserer Stadt, anders als rückwärtsgewandte Versiegelung und der Schluss von Baulücken zum Opfer von Grünflächen.
Wir freuen uns, dass wir uns mit den Gärtner:innen vernetzen konnten, die tolle Gartenanlage kennenlernen durften und möchten dabei unterstützen, dass sie erhalten bleibt und Vorbild für die Stadtentwicklung ist.
Eindrücke von unserem Gartenbesuch
Fotos: Ernährungsrat für Köln und Umgebung e.V.