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Dank unseres Edible City Awards des internationalen Projekts EdiCitNet, den wir im März gewonnen haben, erhielten wir die Möglichkeit uns anzuschauen wie in Rotterdam die Essbare Stadt umgesetzt wird.

Unser Partner vor Ort war die zivilgesellschaftliche Initiative Groen 010. Diese sind Projektpartner im EdiCitNet-Projekt und koordinieren dort das sogenannte LivingLab. In einem LivingLab sollen konkrete Ansätze aus dem Projekt umgesetzt und erprobt werden. Für Rotterdam hieß das insbesondere die Organisationsentwicklung, denn vielfach sind Ansätze für die Produktion von Lebensmitteln innovativ und Menschen unterschiedlicher Organisationen und mit unterschiedlichen Interessen treffen in dem Prozess aufeinander. Eine Lage, die wir auch in Köln gut nachvollziehen können. So stellte uns Nienke von Groen 010 in aller Kürze das im Rahmen von EdiCitNet erarbeitete Diamanten-Modell vor. Dabei geht es im Kern darum die vielfältigen Werte der Essbaren Initiative zu identifizieren und strategisch einzusetzen. EdiCitNet hat dazu ein englischsprachiges Handbuch veröffentlicht.

Unser Städtetrip begann am Freitagmittag in der Stadskwekerij De Kas im Stadtteil Blijdorp. Dort ist inmitten eines historischen Wohnblocks ein altes Gewächshaus zu neuem Leben erweckt worden. Nun ist dieser Ort zu einem Wissenszentrum für Stadtökologie und biologische Vielfalt geworden. Eine kleine  Gärtnerei hilft dabei den Standort zu finanzieren. Beeindruckend war darüber hinaus ein ausgeklügeltes System der Regenwasserabkopplung und -versickerung. Außerdem war dort die Ausgabestelle eines der Martschwärmerei vergleichbaren Systems eingerichtet, bei dem die Kund:innen die Ware regionaler Produzent:innen online bestellen und vor Ort abholen.

 

Garten statt Medikamente

Als nächstes schwangen wir uns auf unsere Räder und fuhren ein Stück der Groene Connectie, ein 8 km langer Rundweg, der grüne Initiativen im Westen Rotterdams auf einer Karte zusammenhängen miteinander verbindet. Eigentlich ganz simpel, aber den Menschen eröffnen sie so Zugang zu öffentlich nutzbaren Grünflächen und Mitmachorten. Und das führt so weit, dass Hausärzt:innen aus Rotterdam die Karte mit der Groen Connectie in ihren Wartezimmern hängen haben und Patient:innen auch mal einen Spaziergang entlang der grünen Verbindung verschreiben.

Unser dortiger Stopp war der Spoortuin (Gleisgarten), ein Gemeinschaftsgarten entlang der Bahngleise. Das Engagement entwickelte sich so weit, dass die Initiative auf die Stadt Rotterdam zuging und Aufbau und Umsetzung des sozialen Stadtteilzentrums übergeben bekommen hat. Dabei handelt es sich nicht um ein Zentrum im Sinne eines Gebäudes, sondern es sind die vielen auf nachbarschaftliche Initiative zurückgehenden Angebote, die dort geschaffen wurden. Am deutlichsten ist dies durch den halböffentlichen direkt an den Garten angrenzenden Wildnispark zu sehen. Das ehemalige Bahnarbeiter:innenhäuschen bietet hier eine Anlaufstelle auch bei schlechtem Wetter und im Winter. Das gleiche Prinzip eines zivilgesellschaftlichen Parks mit einem Wildnis- und Gartenteil konnten wir auch an unserer dritten Station, dem Essenburgpark sehen.

Einen weiteren Ort der Groen Connectie konnten wir erst am zweiten Tag besuchen. Wir hatten leider nicht die Zeit die gesamte grüne Verbindung abzufahren, denn es ging schon weiter mit dem Abendprogramm.

Am Abend waren wir zum Groen Café von Groen 010 eingeladen, ein regelmäßiges Treffen vergleichbar mit unseren Ausschusstreffen. Dort konnten wir uns auch mit unseren Tätigkeiten in Köln kurz vorstellen. Danach hatten wir die Gelegenheit an einer Führung durch „Het Park“ teilzunehmen, der diesmal Treffpunkt für das Groen Café war. Gepflegt und entwickelt wird der historische, öffentliche Park von der Stadt Rotterdam, finanziert durch eine große niederländische Stiftung. Der gesamte Park steht unter Denkmalschutz und hat eine bewegte Vergangenheit.

 

Vielfalt der Märkte

Da unser Hotel in fußläufiger Nähe zur bekannten Markthalle Rotterdams lag, statteten wir dieser am späteren Abend noch einen kurzen Besuch ab. Architektonisch und städtebaulich ist das Gebäude sehr interessant. Doch als klassische Markthalle konnte es sich nicht durchsetzen und hat sich inzwischen in einen sogenannten „Food Court“ wie in einem Einkaufszentrum gewandelt. Der klassische große Wochenmarkt findet nach wie vor morgens auf dem Platz vor der Markthalle statt.

Der Samstag startete für uns auch auf einem Wochenmarkt, aber in einer anderen Ecke Rotterdams, dem Oogstmarkt (auf Deutsch Obstmarkt). Doch hier gibt es viel mehr als Obst: Brot, Gemüse, Blumen, Hummus aus regionalen Kichererbsen, die Möglichkeit Messer zu schleifen und viele, viele Essensangebote von Anbieter:innen verschiedener Kulturen. Unsere Begleiterin Caroline stellte uns auch zwei Damen vor, die sie beim Aufbau ihrer eigenen Geschäftstätigkeit auf dem Markt unterstützt hat, denn beide bauen Gemüse in ihren eigenen Gärten an und verarbeiten es dann zu marokkanischen und türkischen Leckerein weiter. Der Markt hat auf jeden Fall ein reichhaltigeres, auch regionaleres und größeres gastronomisches Angebot als wir es morgens vor der Markthalle erleben konnten. Wir erhielten dort auch kurz die Gelegenheit mit einer der Gründerinnen der Marktinitiative zu sprechen. Sie erzählte unter anderem wie herausfordernd es war diese Art des Markts zu etablieren, da es sich von Anfang an um einen regionalen und lokalen Markt mit kleinen Anbieter:innen handelte. Daher startete der Markt in den ersten Jahren offiziell als Festival deklariert.

 

Essbares auf allen Ebenen

Ausgerüstet mit allerhand Leckereien vom Markt radelten wir zum Botanischen Garten von Rotterdam „Arboretum Trompenburg“, in dessen hinteren Teil die „Cooperative Ondergrond“ die Erlaubnis erhalten hat einen essbaren Wald anzulegen. Das war für uns natürlich sehr spannend, gibt es doch auch in Köln verschiedener solcher Ansätze. In Trompenburg war vorn Vorteil, dass es bereits einen alten Baumbestand gab, sodass direkt im Wald gegärtnert werden konnte. Außerdem sind hier, da es sich auch um einen Schaugarten handelt, viele lehrreiche Elemente enthalten. So werden zum Beispiel die verschiedenen essbaren Schichten eines Waldes an einer Stelle isoliert dargestellt.

Nach einem Picknick im essbaren Wald machten wir uns auch schon zur letzten Station unserer Rotterdam-Reise auf. Wieder ging es auf die Groene Connectie in den Westen Rotterdams zum Gemeinschaftsgarten Voedseltuin (Gemüsegarten). Hier wird nach Permakulturprinzipen in ansprechenden Kreisbeeten hauptäshlich Gemüse angebaut, das zum Teil auch der Rotterdam Food Bank (verleichbar mit der Tafel in Deutschland) zu Gute kommt. Auch hier wurden wir wieder darauf aufmerksam, dass in Rotterdam auch der soziale und gesundheitliche Benefit von Gemeinschaftsgärten und Grün wichtig für das Selbstverständnis ist.

Mit vielen spannenden Eindrücken im Gepäck traten wir am Abend dann unsere Rückfahrt nach Köln an – nicht ohne die Rotterdamer Initiative auch nach Köln einzuladen. Dann können wir ihnen bald unsere Aktivitäten und grünen, essbaren Orte präsentieren. Wir freuen uns schon und sind dankbar dafür, dass dieser Austausch möglich gemacht wurde.

 

Essbare-Stadt