Der gestandene Kölner Journalist Knut Pries hat in Form eines 128-seitigen Magazins „Klatsch! Klartext für Köln #2“ veröffentlicht, welche konkreten Schritte die Stadt Köln in Bezug auf eine Verbesserung des Stadtklimas unternommen hat. In der reich bebilderten Zeitschrift geht er unter dem Titel „Köln. Die Stadt und das Klima“ (https://www.emons- verlag.com/programm/klatsch-klartext-fuer-koeln-1-klartext-fuer-koeln-2) zunächst auf die visionäre Vorgeschichte ein, als nach dem Ersten Weltkrieg der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer zusammen mit dem Stadtplaner Fritz Schumacher und dem Gartenarchitekten Fritz Encke den Kölner Grüngürtel erschuf. Dem späteren Bundeskanzler war klar, dass die sich abzeichnende Bevölkerungszunahme problematisch werden würde: »Die Zusammenballung so großer Menschenmassen auf engem Raum reißt den Menschen los von dem in seinem innersten Wesen begründeten notwendigen Zusammenhange mit der Natur, sie schädigt ihn dadurch körperlich und geistig auf das Schwerste« (S. 16). Adenauer wollte durch Begrünung einem für ihn „verhängnisvollen Versteinerungsprozeß“ entgegenwirken und war selbst nach der verheerenden Zerstörung von Köln im Zweiten Weltkrieg zuversichtlich, etwas Dauerhaftes geschaffen zu haben.

Die fast völlige Vernichtung des historischen Stadtkerns machte es nach dem Krieg möglich, Köln städteplanerisch neu zu erfinden. Der renommierte Architekt Rudolf Schwarz (1897–1961) setzte in seinen Wiederaufbauplänen u. a. eine Großschneise durch gewachsene Stadtviertel durch, und Kritiker bezeichneten ihn als „skrupellosen Motor-Macho“, der den einstigen Menschenort in eine autogerechte Stadt umfunktionierte. Die zunehmende Motorisierung war allerdings eine allgemeine Herausforderung seiner Zeit, der man durch verkehrsgünstige Strukturen begegnen wollte, denn schließlich war sie auch ein Ausdruck des Wirtschaftswachstums. Die nicht-materiellen Bedürfnisse der Menschen und auch die der Natur hatten dahinter zurückzustehen.

Der Grüngürtel blieb erhalten, aber schon 1979 stellte die Stadthistorikerin Henriette Meynen einen Verlust u. a. durch Unterfinanzierung, Vernachlässigung und Verwüstung bei allen Kölner Grünflächen fest (S. 16). 1984 zogen erstmals „Grüne“ in das Stadtparlament ein. Zumindest war theoretisch ein steigendes Umweltbewusstsein zu verzeichnen. – 2008 entwarf der Architekt Albert Speer (1934–2017) einen Masterplan und „stellte sich allenfalls indirekt den zunehmend bedrängenden Problemen, die steigende Temperaturen, extreme Wetterlagen und hohe Schadstoffbelastung für Köln mit sich bringen… Als Instrument der klimapolitischen Ertüchtigung verstand sich der Masterplan aber erkennbar nicht. Noch blieb es dabei: Mochte sich das Klima wandeln, wie es wollte – das offizielle Köln staunte über Hitzesommer und kaputte Bäume, ließ sich aber nicht weiter aus der Ruhe bringen“ (S. 20). Von den rund 80.000 Straßenbäumen mussten wegen der Hitzesommer der vergangenen Jahre bereits rund 1.000 gefällt werden.

Pries lässt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Menschen zu Wort kommen, darunter den Schriftsteller Frank Schätzing, den Kult-Pfarrer Franz Meurer, den Redakteur Bernd Wilberg, den Kabarettisten Robert Griess sowie Valentin Thurn und Dorothea Hohengarten vom Ernährungsrat Köln und Umgebung. Keine:r kann von bereits erfolgten städtischen Maßnahmen berichten, die schon zu einer kontinuierlichen und nachhaltigen Verbesserung des Stadtklimas geführt hätten. Auch die von Pries gewählten Fotos von den Folgen des Klimawandels zeigen keine positiven, gelungenen Beispiele in Köln zu dessen Abmilderung. Einzelne Aktionen werden zwar unternommen, wie ein paar Meter Fahrradweg mehr hier und da, aber das ist insgesamt zu wenig und zu halbherzig, um eine Wende bringen, so das Resümee von Pries.​ Der Serviceteil enthält etliche Adressen von verschiedenen und sehr aktiven Organisationen und Bürger:innenbewegungen, klimafreundlichen Einkaufsmöglichkeiten und mehr, sowie zehn Tipps, was man selber für einen geringeren ökologischen Fußabdruck tun kann. Soviel zur Bestandsaufnahme von Knut Pries.

Zusätzliche Überlegungen

Die Verwaltung der Stadt Köln ist aber nur eine Seite der Medaille. Der Ernährungsrat Köln und Umgebung (ER) hat seit seiner Gründung viele Projekte realisiert, allerdings grundsätzlich auf Zusammenarbeit mit der Stadt Köln gesetzt. 2017 erstellten der ER und Agora Köln mit rund 100 Aktiven einen umfassenden Aktionsplan (http://www.essbare- stadt.koeln/wp-content/uploads/2018/11/Aktionsplan-Essbare-Stadt-Ko%CC%88ln- 2.0.pdf), der nach einigen Anpassungen vom Rat der Stadt Köln angenommen wurde. Dieser enthält keine allein selig machende Utopie einer sofortigen Klimaneutralität, aber konkrete und machbare Schritte über mehrere Jahre hinweg, die im Falle der getreulichen Umsetzung durchaus Wirkung erzielen würden. Ein unreflektierter Aktionismus wäre wohl eher schädlich. Ein einziger großer Wurf ist nicht möglich, weil die Aufgaben zu vielfältig und kleinteilig sind, trotz allem müsste angesichts der Dringlichkeit der Lage tatsächlich mehr geschehen.

Und das übernimmt vielfach eine wachsende Zahl problembewusster und fähiger Bürger:innen. Die Organisator:innen von GießtKöln z. B. haben in einigen Stadtvierteln alle Bäume kartiert und sogar deren Alter gekennzeichnet, was einen riesigen Arbeitsaufwand verursacht haben muss. Auf einer interaktiven Plattform können Aktivist:innen eintragen, wann sie welchen Baum bewässert haben, was einen sofortigen Überblick bietet, wo noch Bedarf besteht. An vielen dieser Orte hat die Stadt Köln die Erlaubnis zur Nutzung der Hydranten gegeben und Standrohre zur Verfügung gestellt. Das Gießen von 79.000 Straßenbäumen würde die personellen Kapazitäten der Verwaltung übersteigen. Die Bewässerung neu angepflanzter Bäume führt die Stadt Köln für den ersten Teil der Wachstumsphase allerdings selbst durch.

Wenn wir jetzt für Schwerpunkte außerhalb unserer eigenen hochrechnen, was der Ernährungsrat Köln und Umgebung seit seiner Gründung 2015 schon erreichen konnte, müssten aus der Bürgerschaft heraus schon viele Planungen und Konzepte abgeschlossen sein und nur noch umfänglich umgesetzt werden. Die Gruppen, die sich für eine Energiewende, eine Verkehrswende und Verbesserungen in anderen Bereichen einsetzen, sind bestimmt genau so entschlossen und befähigt, die Dinge in Angriff zu nehmen. Aber das kann nicht alles auf die Bürger:innen abgewälzt werden. Die Situation dürfte in vielen anderen Kommunen ähnlich sein. Die Politik ist der eigentliche Schalthebel, und es gibt nicht zu Unrecht Unkenrufe in der Richtung, dass der Planet längst gerettet wäre, wenn er eine Bank wäre.​

Essbare-Stadt