Insektenführung auf dem wild gewordenen Ebertplatz

Es ist ein Paradebeispiel bürgerlichen Engagements, wie toll sich der Ebertplatz seit 2018 entwickelt hat. Es wurden Staudenbeete, Blumenwiesen, sogar Zwiebeln angepflanzt und der gesamte Platz auf vielfältige Weise botanisch, kulturell und sozial aufgewertet. Am 22. Juni 2019 gab Gabi Fauser von der „Arbeitsgruppe Begrünung“ eine Führung unter dem Titel: „Insekten auf dem Ebertplatz – Von Ameise bis Zitronenfalter“: eine Safari zu seinen wild lebenden Kleinstbewohnern. Im Kölner Raum schwirren über 200 Bienenarten herum, mit denen sich Gabi Fauser besonders gut auskennt. Die Gruppe bestand aus Interessenten mit unterschiedlichem Wissensstand, doch die meisten staunten, als sie hörten, an welcher Stelle die Honigbienen in Sachen ihrer Ausscheidungen stehen. Die Spitzenreiter sind erwartungsgemäß die Rinder und Schweine, doch dass die Honigbienen mengenmäßig mehr ausscheiden als Hühner und damit vor ihnen auf Platz 3 landen, ist schon bemerkenswert. Wir waren uns schnell einig, dass das Stoffwechselprodukt der Bienen das angenehmste der vier ist.

An dem sonnigen Tag waren nicht so viele Insekten unterwegs wie erwartet, wodurch Zeit war, grundlegende Dinge zu besprechen, insbesondere wie dem dramatischen Insektensterben Einhalt geboten werden könne. Da kann man sogar durch Nichtstun etwas erreichen. Es ist schon klar, dass jede Art von Gift, auch wenn es beschönigend Pflanzenschutzmittel genannt wird, schädlich ist. Fauser rät von Chemie und Mineraldünger ab und hat selbst die Erfahrung gemacht, dass z. B. ihre Balkonpflanzen gar keiner Düngung bedürfen. Es hat entsprechende Messungen gegeben, erzählte sie, und der Stickstoffgehalt im Kölner Stadtgebiet sei hoch genug. Das Rasenmähen sollte auf ein Minimum beschränkt werden oder gar nicht erfolgen, um Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Lebewesen zu spenden.

Wer aktiv etwas tun möchte, kann seinen Garten insektenfreundlich gestalten. Von Saatbomben, vor allem in freier Natur, rät Fauser ab, denn die dringen in ein bestehendes Ökosystem ein und können die dortigen Wildformen verdrängen. Die Stadt Köln stellt kostenloses Saatgut zur Verfügung, dass auf die regionalen Bedürfnisse der hier lebenden Wildbienen abgestimmt ist: www.stadt-koeln.de/wildbienen. Deren Lebensspanne beträgt nur vier bis sechs Wochen, aber die verschiedenen Arten schlüpfen nacheinander in der Zeit von März bis Oktober und so sind im Saatgut auch die Blütenstände der Wildblumen gestaffelt, in der Fachsprache der Imker heißt das Tracht bzw. Trachtband.

Der Herbst ist die Zeit zum Aussäen, wenn im Folgejahr die Wildblumenwiese dann doch gemäht werden muss, sollte man zuerst nur die Hälfte mähen, damit den Insekten ein Rückzugsgebiet bleibt. Danach wäre es ideal, alles trocknen zu lassen, weil dann der Samen abfallen kann und für das nächste Jahr wieder zur Verfügung steht. Rasenmäher sind insofern problematisch als sie eine Saugfunktion haben, die den Insekten schadet. Wenn die Wiese nicht zu groß ist, wäre die Sense das Beste.

Wer Tränken für Insekten aufstellen möchte, möge das in sehr flachen Gefäßen tun, damit sie nicht ertrinken können. Darin sollten sich Steine als Landeplätze befinden. „Die Tränken müssen aber täglich gründlich gereinigt werden, weil auch Vögel daran gehen und sie mit den gefährlichen Trichomonaden infizieren können“, erklärte Fauser. Die müssen nach dem Reinigen auch sehr trocken werden, weil sich die Erreger in Feuchtigkeit halten. Zwei Tränken im Wechsel sind eine gute Lösung. Das gilt auch für Vogeltränken. Allein schon wegen der Mückenlarven wäre es prinzipiell gut, stehendes Wasser zu vermeiden. Bei tieferem Wasser, wie der Regenwassertonne, könnte man ein Stück Holz schwimmen lassen, auf das die Insekten sich retten können. Das Gespräch hätte noch endlos weitergehen können.

Im April 2019 stand der Ebertplatz bereits im Fokus, als dort die seltene Furchenbiene geschlüpft war. Diese Gattung hat keine Stachel und ist ungefährlich, ihr Vorkommen ist aber ein Erfolg im Erhalt der Artenvielfalt. –  Die so genannte „Zwischennutzung“ des Ebertplatzes läuft bis 2020, bis dahin will die Stadt Köln ein Konzept für den einstigen Problemplatz erstellen, der sich dank des Einsatzes vieler Bürger und Bürgerinnen derzeit zu einem regelrechten Kultort entwickelt hat.

Gabi Fauser hat auch eine Linksammlung zusammengestellt, die über Wildbienen und Insekten in der Stadt informiert, siehe hier.

Text: Helga Fitzner

Essbare-Stadt